Geschichten:Krähen, so weit das Auge reicht - Familie

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Mark Vallusa, Creag Rían, Frühjahr 1041

„Glaubt ihr, es gibt noch mehr von uns da... hm... draußen?“, wollte Iorwen wissen, während sie zusammen mit ihren Halbgeschwistern die hungrigen Mäuler der Küken zu stopfen versuchte. Die vier hatten das Nest mit den niederhöllisch kreischenden Küken in das Zimmer der Junkerin geschafft. Zumeist schliefen die anderen Halbgeschwister auch hier. Teilten sich sogar mit ihr das Bett. Nicht, weil die Burg nicht genug Platz bot, sondern weil es erbärmlich kalt werden konnte. Und da Feuerholz äußerst kostbar war, war es besser ein paar wenige Räume zu heizen, als viele.

„Gut möglich. Unser Vater hat es ja mit keiner lange ausgehalten...“, seufzte Branwen und stopft dem nächsten Küken ein bisschen Fisch in den Schnabel, „... ist immer auf und davon, sobald sie schwanger war...“

Sulwen zuckte mit den Schultern und stopfte ein weiteres Maul: „Immerhin hat er uns – seine Kinder – anerkannt. Das ist ja schon mal was.“

„Aber doch auch nur“, gab Branwen zurück, „Weil es bei ihm als nachgeborenem Sohn ohne Lehen oder gar Erbe nichts zu holen gab. Was hatte er zu verlieren?“

„Seinen guten Ruf gewiss nicht“, seufzte Iorwen, „Dafür hat er schon recht früh selbst gesorgt.“

„Vielleicht hat er uns ja anerkannt, weil er uns geliebt hat“, meint Tangwyn da.

Sulwen lachte herzlich: „Was für ein romantischer Gedanke...“

„Schließlich sind wir sein Fleisch und sein Blut“, fuhr der Knabe fort.

„... aber unser Vater war kein alter Romantiker, Turmfalke, sondern ein alter Schwerenöter! Und was für einer!“

Branwen nickte zustimmend: „Das war bei dir vielleicht so, bei dir. Du warst ja auch sein Sohn. Sein einziger Sohn. Wir waren aber immer nur eines: Nur seine Töchter.“

Die Schwestern nickten zustimmend.

„Weißt du denn von weiteren Halbgeschwistern?“, fragte Iorwen in die Stille hinein.

Die Junkerin schüttelte den Kopf: „Ich weiß von einigen weiteren. Manche sind noch am Leben, andere nicht. Das heißt jedoch nicht, dass es keine weiteren mehr gibt...“

Da nickte die Sumpfohreule nachdenklich.

„Was ich mich aber da frage“, hob Sulwen da an, „Wie erkennen wir denn die Kinder unseres Vaters, wenn wir nicht von ihnen wissen?“ Sie zuckte mit den Schultern und schob gleich zwei Küken etwas Fisch in den Rachen. „Ich meine, es ist doch allgemein bekannt, dass unser Vater hinter jedem Rock her war. Wie wollen wir also unsere echten Halbgeschwister von denen unterscheiden, die uns nur etwas vorspielen und lediglich die Gunst der Stunde nutzen?“

„Die Gunst der Stunde nutzen?“, lachte Branwen, „Weil es bei uns so viel zu holen gibt?“

„Wir sind immerhin adelig“, meinte Tangwyn da ernst, „Das trifft auf viele nicht zu.“

Iorwen stimmte ihm zu: „Du hast recht. Jemand könnte die Wirren des Krieges auszunutzen versuchen um sich eine adelige Herkunft zu erschleichen...“ Sie schaute ihre Halbgeschwister vielsagend an. „Es könnte jeder behaupten, ein Kind unseres Vaters zu sein...“

Zustimmendes Nicken. Inzwischen waren die Küken satt und zufrieden eingeschlafen.

„Wir sollten verbreiten, dass all unsere Halbgeschwister gefallen sind und es bis auf uns keine weiteren Überlebenden gibt“, entschied die Junkerin, „Dann überlegen es sich Betrüger vielleicht zweimal, ob sie hier auftauchen und behaupten, sie seien unsere Geschwister...“

Wieder zustimmendes Nicken.

„Die Frage jedoch bleibt“, fasste Sulwen zusammen, „Wie erkennen wir die Betrüger von den Aufrichtigen?“

Darauf wusste niemand eine Antwort.


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5. Ing 1041 BF am Abend
Familie
Eulennest?


Kapitel 6

Autor: Orknase